Probleme mit der Krankenkasse /Flachstrick



  • Hallo liebes Forum,


    ich habe Anfang des Jahres "zufällig" die Diagnose Lipödem erhalten. Ich war dort eigentlich nur wegen meiner Besenreiser...
    Nach einem Besuch bei einer Hautärztin bin ich noch einmal zu einem anderen Facharzt ( Spezialisiert auf Lip und Lymphödem).
    Nun gut, ich habe ein Rezept für eine Flachstrickversorgung bekommen, die mein Sanitätshaus auch schon bei der Krankenkasse eingereicht hat.
    Jetzt warte ich seit inzwischen 5 Wochen auf die Genehmigung, da die Krankenkasse noch Fragen an meinen Arzt hat.
    Ich wurde nur darüber informiert, da mein Arzt bzw. die Praxis noch nicht auf die Schreiben der Krankenkasse reagiert hat.
    Telefonisch meinte die Krankenkasse, sie bräuchten noch meinen Taillenumfang, Fotos, Gewicht (Ich wiege bei einer Größe von 1,72 m ca. 76 kg.)und Informationen darüber welche Untersuchungen er durchgeführt hat, um diese Diagnose "Lipödem" stellen zu können. Ich könnte ja schließlich auch etwas anderes haben und da würde" ggf. mir eine Flachstrickversorgung schaden". Hattet ihr auch solche Probleme? ?(
    Viele Grüße,
    Nadine

  • Vielen Dank für eure Antworten!
    Also von einem MDK habe ich bei meinem Telefonat am Freitag nichts rausgehört.
    Die Mitarbeiterin meinte nur, dass die KK die Unterlagen direkt von meinem Arzt benötigt ( ich hatte den Vorschlag z.B. die Maße, die durch das Sanitätshaus ermittelt wurden, einzureichen) Sie wollte nun telefonisch bei dem Arzt Druck machen, dass er die Unterlagen zusendet.


    Muss ich jetzt schriftlich auf die Einhaltung der Frist hinweisen oder lieber noch einmal abwarten?

  • Ich habe jetzt den Brief der MDK ( wie ihr schon vermutet habt) vorliegen.
    Ich muss nun am Donnerstag noch einmal zu meinem Arzt, damit er die benötigten Angaben weiterleiten kann.
    Die MDK möchte neben Gewicht, Abgrenzung Adipositas, Stadium etc. auch:


    1.Untersuchungsbefund mit exakter Befundbeschreibung sowie Umfangmaße im zeitlichen Verlauf der Vorbehandlung, insbesondere KPE I
    2.eine Fotodoku
    3. Angaben zu Maßnahmen in Eigenregie


    Ich verstehe Punkt 1. nicht. Was soll es denn für eine Vorbehandlung gegeben haben? Ich stelle keinen Antrag auf eine Absaugung sondern möchte "gerne" eine Flachstrickversorgung erhalten.


    Welche Maßnahmen zur Eigenregie soll ich angeben? Warum ist das wichtig für die Feststellung des Lipödems?



    Viele Grüße,

  • 1.Untersuchungsbefund mit exakter Befundbeschreibung sowie Umfangmaße im zeitlichen Verlauf der Vorbehandlung, insbesondere KPE I
    2.eine Fotodoku
    3. Angaben zu Maßnahmen in Eigenregie


    Es ist ganz klar formuliert:
    Bevor die Bestrumpfung stattfinden kann, sollte vorher entstaut werden. Sie meinen, dass vorher Lymphdrainage mit anschließender Wickelung, also KPE, gemacht werden muss. Erst dann geben sie grünes Licht für eine Bestrumpfung.
    Und die Fotodoku ist nötig, damit man den Verlauf aufzeigen kann. Vorher dickes Bein, nach der KPE ein entstautes Bein.
    Und darauf die nun gut abzumessende Bestrumpfung.
    Und die Maßnahmen zur Eigenregie: damit ist Bewegung gemeint. Schwimmen, Radeln, Nordic-Walking etc, alles was zur Anregung des Stoffwechsels taugt. Auch selbst Umfangmaße regelmäßig kontrollieren und aufschreiben. Ernährungstagebuch schreiben. Wer schreibt, bleibt. Alles was geschrieben steht, kann zur Dokumentation des Verlaufs hergenommen werden und öffnet dem Patienten den Weg zur Bestrumpfung, zur eventuellen Reha - einfach machen, wir leben eben im Zeitalter der Tabellen. Je früher man mit dem dokumentieren angefangen hat, desto besser. Ohne geht heut nix mehr.


    Hat sich denn mittlerweile was ergeben?

  • Hallo Biene,


    bei Lipödem ist jedoch nicht der große Umfangsverlust mit MLD zu erwarten wie beim Lymphödem. Ein Arzt hier schrieb, dass man damit rund einen Liter verlieren könnte. Haben Sie hier andere Erfahrungswerte??


    Die Flachstrickstrümpfe können jedoch das Fortschreiten der Krankheit aufhalten.


    Fotos empfinde ich als einen massiven Einschnitt in die Intimsphäre.
    Welches Recht hat ein Sachbearbeiter von Kranken ein Foto in der Unterwäsche anzufordern?! Die Leute mit Lipödem haben eh schon seelische Probleme mit ihrem Körper. Dass man hier noch Fotos gedankenlos anfordert, empfinde ich persönlich als verheerend. Ich denke das ist rechtlich so nicht zulässig und wird halt so gemacht, solange das funktioniert.


    Dass man sich auch noch rechtfertigen muss, ob man Sport treibt… das Lipödem bleibt auch bei Kleidergröße 38 bestehen und geht auch mit Sport nicht weg.


    Ein Ernährungstagebuch hilft auch nichts gegen eine Fettverteilungsstörung. Soll man sich rund um die Uhr mit den Lipödem beschäftigen und Tabellenzeile für Tabellenzeile genau analysieren, wo denn genau nun die eigene Schuld liegt? Oder geht es einem besser, wenn man sich tot rechtfertigen muss, weil man so aussieht? So fangen die seelische Probleme an ...


    Ich bin froh, dass die Krankenkasse so mit mir nicht umgegangen ist.

  • Beim Lipödem kann man schon 1 cm im Umfang reduzieren, das hört sich nicht viel an, kann aber ausschlaggebend sein, ob die Strümpfe passen und Sinn machen oder nicht.


    Dass die Flachstrickstrümpfe das Fortschreiten des Lipödems aufhalten, ist eventuell von den Strümpfen zu viel verlangt. Im Gegensatz zu Rundstrick kann Flachstrick bei extrem "wabbeliger" Haut (nicht böse sein, wie soll ich es sonst beschreiben) besser sitzen, ein kompakteres Gefühl geben. Und sie können dazu beitragen (!) dass der Verlauf des Zustands viel langsamer von statten geht.


    Ernährungsumstellung und Sport tragen ebenfalls dazu bei, dass der Stoffwechsel gut funktioniert und den Hautzustand verbessert. Von Reset und "weggehen" spricht hier niemand.


    Zudem müssen wir davon ausgehen, dass Sachbearbeiter nicht unbedingt Fachkräfte im Bezug auf Erkennung von Lipödemen sind. Auch gibt es beim Lipödem verschiedene Zustände und Ausformungen. Diesen aktuellen Zustand sollen die Fotos genau diesem Sachbearbeiter zeigen. Dann kann er sich ein Bild davon machen, hat überhaupt mal gesehen, wie so ein Lipödem aussehen kann. Wenn dann zusätzlich ein Foto präsentiert werden kann, das die Beine z. B. vor 5 Jahren im Verhältnis zu dem jetzigen Zeitpunkt anzeigt, dann hat man ein besseres Argument für die folgenden Therapien zur Hand.


    Diese Fotos müssen nicht in die Intimsphäre eingreifen. Es reicht ein Foto, auf dem nur die Beine zu sehen sind. Und das ist in unserem Kulturkreis nicht unbedingt die Intimsphäre. Kein Slip muss zu sehen sein.
    Außerdem unterliegen die einzelnen Sachbearbeiter der Schweigepflicht und ganz besonders die Krankenakte, in die so ein Bild gehört, ist durch den Datenschutz so sicher, wie im Moment solche Akten sein können.


    Ob es rechtlich zulässig ist oder nicht, ist nicht die Frage. Gezwungen werden kann niemand. Man muss sich nicht fotografieren lassen. Keineswegs.
    Doch mit Foto ist die Chance auf alle möglichen Therapien größer. Ich würde sofort mit dem Dokumentieren anfangen, keinen Tag verlieren, nur so gibt es eine lückenlose Dokumentation des Krankheitsverlaufs.
    Ich plage mich mit Rückenproblemen herum. Wenn ich mit einem einfachen Foto - und bei Rückenfotos sieht man mehr vom Körper als nur Beine - mehr Hilfe von der KK bekommen könnte: ich würde das Foto liefern. Bei mir hilft nur das Röntgenbild oder MRT.
    Zu intim?


    Ernährungstagebuch: Für viele d a s Ahaerlebnis, um zu entdecken, dass eventuell zu viel Käse, zu viel Limo, zu viel falsches Obst (könnte eine Ernährungsberaterin besser erklären) zu falschem Tageszeitpunkt verspeist wird.


    Das alles nicht als Angriff sehen, sondern als Hilfe, um an das für alle befriedigende Ziel zu kommen.


    Wenn man das alles nicht möchte - auch verständlich. Aber sobald man etwas von jemandem finanziert bekommen will, dann gibt derjenige die Regeln vor, der zahlt.
    Ansonsten heißt es: selber zahlen.

  • Hallo Bounty,


    fachlich darf man durchaus bezweifeln, dass ein Lipödem - so es denn eines ist... - bei Normgewicht die teuere Flachstrickversorgung nötig macht. Die Krankenkasse ist natürlich bestrebt, die Kosten nicht unnötig ansteigen zu lassen. Und natürlich wissen wir als Mitspieler im Gesundheitssystem, egal ob Ärztin, Physiotherapeutin oder Bandagistin, alle von Fällen grotesker Überversorgung zu berichten. Kontrolle ist daher nicht überflüssig, so ärgerlich sie uns manchmal erscheint.


    Die Frage ist aber, WIE die Kontrolle funktionieren kann. Ich finde Ihre Fragen erhellend, wir gewöhnen uns zu schnell an die "Spielregeln", dass also Fotos bei Flachstrickversorgung von der Krankenkasse angefordert werden können. Für mich wäre es ein großer Unterschied, ob die Fotos automatisch dem Antrag auf Kostenübernahme beigefügt werden, oder ob es z.B. im verschlossenen Umschlag als "Vertrauliche Arztsache" behandelt wird. Nur mal zum weiterdenken: Wir würden nicht von den Patienten verlangen, in die nächste Geschäftsstelle ihrer KK zu gehen und dort mal eben die Hosen fallen zu lassen. Gleichzeitig ist aber wohl allen Patienten klar, dass sie diese Schamgrenze im vertrauensvollen direkten Kontakt zu Ärzten, Therapeuten und Bandagisten überschreiten dürfen - und müssen.

    Sabine Stüting


    Ärztin, Klinik Rheine